Berliner Zeitung: Umweltschützer fischen Schrott-Fahrräder aus der Spree
Aktion an der Oberbaumbrücke:
Auf dem Grund des Flusses liegen große Mengen Unrat. Aktivisten gehen dagegen vor: Sie angeln Räder, Roller und anderen Abfall aus dem Wasser.,
Berlin-Kreuzberg – Stille Wasser sind tief – im Falle der Spree reicht das nicht. Das Gewässer, das derzeit so ruhig durch das Flussbett wabert, ist auch dreckig und vermüllt. Denn auf dem Grund des Flusses liegen sie in Massen: Einkaufswagen, Fahrräder, Leih-Roller. Entsorgt von Menschen ohne Grips, die scharf sind auf ein lautes Platschen. Der Schrott unter der Wasseroberfläche ist vor allem jenen, die das Wasser lieben, ein Dorn im Auge. Die Initiative „Spree:publik“ geht deshalb nun gegen den Müll vor – mit Enterhaken.
Kein anderes Boot ist weit und breit zu sehen, ungebrochen fließt das Wasser durch die Bögen der Oberbaumbrücke. Vielleicht liegt es am Wind, der erbarmungslos und eisig pfeift? An Deck des Kahns „Rockfisch“ herrscht trotz klirrender Kälte Betrieb, denn der Naturschutz duldet keinen Aufschub. „Vor allem die E-Bikes holen wir lieber aus dem Wasser, so schnell es geht“, sagt Boots-Chef Jan Ebel. „Denn die Akkus sind hochgiftig. Die sollten sich im Wasser lieber nicht auflösen.“ Er holt aus, wirft ein Seil ins Wasser, am Ende ist ein Enterhaken befestigt. Ebel wirft einen Blick hinterher. „Hier ist alles voll“, sagt er.
Jan Ebel ist eigentlich Kindergärtner, außerdem Besitzer eines Hausbootes und Mitstreiter des Förderkreises „Spree:publik“ – unter diesem Namen verbünden sich Menschen, die sich dafür einsetzen, dass die Wasserflächen der Stadt für jeden nutzbar sein sollen. Sie wollen auch Kultur aufs Wasser bringen, erklärt Ebel – und natürlich sei der Umweltschutz ein wichtiges Anliegen. Vor zwei Wochen ist er über die Spree gepaddelt. „Weil es im Moment nicht viel Bootsverkehr gibt, ist das Wasser relativ klar, man kann an manchen Stellen sehr tief sehen. Rund um die Oberbaumbrücke fiel mir auf, dass unter Wasser überall Fahrräder liegen.“
Wer die Angel auswirft, hat sofort etwas am Haken
Er fragte bei seinen Mitstreitern nach, trommelte Helfer zusammen. Am vergangenen Wochenende starteten sie einen ersten Einsatz. Fuhren auf den Fluss, ließen Seile mit Haken ins Wasser und angelten nach Schrott. „Wir mussten schnell feststellen, dass es kein Ende nimmt“, sagt er. Überall könne man die Angel auswerfen und sofort etwas am Haken haben. Warum? „Ich kann mir nur vorstellen, dass es Betrunkene sind, die Spaß daran haben, das Zeug ins Wasser zu werfen“, sagt Malte Jäger (43), einer der Männer an Bord. Er selbst ist Paddler, hat die Verunreinigungen an vielen Stellen gesehen.
Nach den ersten zehn Minuten auf dem Wasser türmen sich auf dem Boot bereits die ersten Fundstücke. Ein Einkaufswagen, eine Satellitenschüssel und ein Couchtisch. Sichtbar wird hier aber vor allem eine hässliche Seite der neuen Mobilität: Immer wieder ziehen die Männer Leihfahrräder und -roller aus den Fluten. „Wo viele Menschen sind, gibt es eben leider viele Idioten“, sagt Ebel. „Vielleicht ist es für manche ein Partyspaß, vielleicht haben die Leute etwas gegen die Leihräder.“ Doch auch normale Fahrräder sind dabei. „Die Leute klauen sich nach der Party schnell ein Rad, um nach Hause zu kommen, und entsorgen es dann im Wasser.“
Nicht nur für die Umwelt ist der Unterwasser-Schrott schlecht, sondern auch für Angler, sagt Aljosha Fritzsche. Der 27-Jährige ist Angel-Influencer, veröffentlicht unter dem Namen Joshinator etwa Videos auf YouTube. „Wenn unter der Wasseroberfläche Schrott liegt, verliert man dadurch viele Köder“, sagt er. Tatsächlich hängen an den mit Schlamm und Muscheln verkrusteten Fahrrädern immer wieder kleine Gummi-Fische. „Das ist vor allem für junge Angler ein Problem, denn es geht ins Geld.“ Er wolle aber auch ein Vorbild sein, mit gutem Beispiel vorangehen. „Und das Bild der Angler in der Öffentlichkeit verändern.“
Bisher interessiert sich kaum jemand für die riesigen Schrott-Mengen
Eine Stunde ist vergangen, als der Kahn wieder am Ufer der Spree anlegt. Ein Fahrrad nach dem anderen landet auf einem aufgetürmten Schrotthaufen unterhalb der East Side Gallery. Zuständig dafür habe sich bisher aber niemand gefühlt, sagt Ebel. Er habe viel telefoniert in den letzten Tagen, mit Mitarbeitern bei Behörden und Ämtern gesprochen. „Am hilfreichsten war die Polizei – dort erfuhr ich zumindest, dass es keine Straftat ist, den Müll aus dem Wasser zu holen.“ Am Ende habe sich dann aber doch ein anderer Schrottangler bereit erklärt, den Müll zu entsorgen. Nur der Roller-Anbieter „tier“ habe Interesse gezeigt, ein Vertreter wolle den Schrotthaufen besichtigen. „Und schauen, ob Roller von denen dabei sind“, sagt Ebel.
Traurig dabei: So groß der Schrotthaufen ist, den die Angler in wenigen Stunden aus der Spree gefischt haben, so riesig ist die Menge, die noch auf dem Grund liegen dürfte. „Es ist krass, wie viel wir gefunden haben“, sagt Maximilian Murawski (25) nach dem Arbeitseinsatz. „Und wir sind gerade nur in der Nähe einer Brücke unterwegs. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel Müll da noch liegt.“ Neben Friedrichshain-Kreuzberg gilt vor allem Mitte als Müll-Hotspot – auch hier sind oft Magnetangler unterwegs, die ganze Fahrrad-Armeen aus dem Fluss bergen.
Nicht nur unter Wasser können Mietfahrräder ein Problem sein. Mit einer Ergänzung des Berliner Straßengesetzes will der Senat nun für Ordnung sorgen. Ziel ist, Mieträder, E-Scooter, Carsharing-Autos und andere Fahrzeuge dieser Art stärker zu reglementieren. Das „gewerbliche Anbieten von Mietfahrzeugen“ soll künftig als Sondernutzung öffentlichen Straßenlands gelten. Das bedeutet: Eine Erlaubnis ist erforderlich, die Behörden können Gebühren verlangen und Regeln festsetzen – zum Beispiel, wo die Fahrzeuge abgestellt werden dürfen und wo nicht. „Derzeit liegt der Gesetzesentwurf dem Rat der Bürgermeister vor“, berichtet der Linke-Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg. Die Koalition geht davon aus, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet wird.
Buchtreinigung Vol. 2
Am Sonntag den 20.10.2019 konnten wir mal wieder so richtig die Müllsäcke füllen.
Mit über 30 Helfer*Innen haben wir innerhalb wenigen Stunden 10 m3 Müll aus dem Wasser und an beiden Ufern der Rummelsburger Bucht gesammelt. Durch die wunderbare Hilfe des NABUs, konnten wir mit Expert*Innen in die Schilf-Region gehen und auch dort ordentlich sauber machen ohne die Tiere in diesem empfindlichen Uferbereich zu stören. Straßenmüll und große Mengen Treibgut wurde in einem angemieteten Container entsorgt.
Hierfür möchten wir IKARUS Stadtteilzentrum herzlichst für die Finanzierung des Containers danken, ohne den die Aktion nicht möglich gewesen wäre. Auch ohne die Müllsäcke, Handschuhe und Müllzangen von Kehrenbürger.de der BSR könnten wir diese Aktionen nicht durchführen!
Zudem Danken wir allen helfenden Held*Innen für eure Muskelkraft und die gute Stimmung beim Sammeln.
Wir freuen uns auf weitere Zusammenarbeit mit den Nachbar*Innen, dem IkARUS, dem NABU und weiteren Wasser-interessierten.
MÜLL AHOI
eure SPREE:PUBLIK
Aufruf: Herbstreinigung
Liebe Freunde der Rummelsburger Bucht,
in den letzten Wochen und Monaten ist es wüst zugegangen in der Bucht. Wasser, Ufer und Menschen haben gelitten. Wie schon in unserem Frühjahrsputz im April wollen wir Wasser und Ufer von den angeschwemmten Fremdkörpern befreien.
Gemeinsam mit Anwohnern und Bezirk laden wir, die Spree:publik, der Zusammenschluss der nichtkommerziellen Kulturflöße, Freizeit- und Hausboote Berlins, zum Ende der Saison daher zu einer gemeinsamen herbstlichen Reinigungsaktion der Rummelsburger Bucht ein.
Da die Brutaktivitäten der Wasservögel nun vorüber ist, können mit Unterstützung des NABU auch die Röhrichtbereiche gereinigt werden.
Wann: Sonntag 20.10 ab 14 Uhr
Treffpunkt: 22h Bootsanleger Nähe Charlotte-Salomon-Hain auf der Lichtenberger Seite, https://goo.gl/maps/8VuhB2botTvKmtCn6
Einige Zangen, Müllbeutel, Handschuhe und Kescher werden vorhanden sein – können zur Verstärkung jedoch gerne mitgebracht werden.
Kommt zahlreich und helft mit dafür zu sorgen, dass die Bucht noch mehr wird was sie schon ist: Ein kultureller Freiraum in Einklang mit der Natur!
Viele Grüße
Die Spree:publik
Für Rückfragen:
Email: kontakt@spreepublik.org
Tagesspiegel: Zehn Kubikmeter Abfall
von Pauline Faust
Lärm und Müll am Wasser, darüber beschweren sich Anwohner am Rummelsburger See. Einiges kommt von den Booten, die teilweise dauerfhaft in der Bucht liegen. Auf dem Wasser – einem kaum regulierten Raum – kann jeder mit einem Boot fahren, anlegen und auch ankern. Künftig wird dies schwieriger werden: Die Bezirke Lichtenberg und Friedrichshain haben Anker- und Anliegeverbote beantragt. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt hat sie genehmigt. Bald werden die ersten Schilder aufgestellt.
Zehn Kubikmeter Abfall wurde innerhalb von drei Stunden aus der Rummelsburger Bucht gefischt und an ihren Ufern gesammelt. Am Sonntag hat die „Spree:publik“ eine Säuberungsaktion veranstaltet (Mehr dazu in der „Kiezkamera“ weiter unten im Newsletter). Finanziert hat die Aktion das Bezirksamt Friedrichshain, in Lichtenberg hat man nicht nach Unterstützung gefragt. Die Spree:publik, ein unkommerzieller Zusammenschluss aus Kreativen und Bootsliebhabern hat vor der eigenen Haustür saubergemacht. Auf den um die 15 Flößen und Booten wird Theater gespielt, Urban Gardening betrieben und werden Konzerte gegeben.
„Wir wollen nicht mit allen in einen Topf geschmissen werden“, sagt Johannes Heereman von der Spree:publik, „einiges von dem Müll stammt zwar von Booten in der Bucht, aber nicht von uns.“ Er wünscht sich mehr Respekt im Umgang miteinander und der Natur. Die Spree:publik erstellt momentan eine Liste mit passenden Standorten für öffentliche Mülleimer, die sie dann dem Bezirksamt weitergeben möchte.
Ein Anleger-, Anker- und möglicherweise Nachtfahrverbot wird nicht nur die schwarzen Schafe treffen, auch die Spree:publik muss dann umdenken. Einige der Boote haben feste Liegeplätze an der Spundwand, aber auch Pachtverträge können gekündigt werden. Wie genau die Verbote aussehen werden, war heute noch nicht zu erfragen. Fahrgastschiffe, Bootsclub und 22-Stunden-Anleger sollen wohl nicht betroffen sein.
https://leute.tagesspiegel.de/lichtenberg/intro/2019/04/08/77899/
Reinigungsaktion in der Rummelsburger Bucht
Liebe Nachbarn der Rummelsburger Bucht,
die Spree:publik, der Zusammenschluss der nichtkommerziellen Kulturflöße und -Boote Berlins, lädt am 07.04.2019 zu einer gemeinsamen Reinigungsaktion der Rummelsburger Bucht ein. Mit Unterstützung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, wollen wir am Sonntag Nachmittag ab 13.30 Uhr gemeinsam die Ufer sowie das Wasser der Rummelsburger Bucht von Müll befreien. Treffpunkt ist der 22h Bootsanleger Nähe Charlotte-Salomon-Hain auf der Lichtenberger Seite. Dies ist auch eine gute Gelegenheit um sich näher kennen zu lernen und sich über die Zukunft der Rummelsburger Bucht auszutauschen. Wir freuen uns über eine rege Teilnahme aus der Nachbarschaft.
Viele Grüße
Die Spree:publik