Forderungen der Spree:publik an eine künftige Nutzungsregelung der Berliner Gewässer

Eine immer stärkere Nutzung der Berliner Gewässer von der  Mündung der Spree in die Havel bis zu den Rüdersdorfer Gewässern und dem Seddinsee hat dazu geführt, dass immer öfter Konflikte bezüglich Umweltschutz, Lärm und Sicherheit der Schifffahrt auftreten.

Die zuständigen Behörden, insbesondere die Wasserschutzpolizei (WSP), sind vielerorts mit der Durchsetzung der bisherigen Regelungen auf der Spree-Oder-Wasserstraße überfordert. Dies betrifft insbesondere – wenn auch nicht ausschließlich – den Rummelsburger See und die direkte Umgebung.

Aus diesem Grund werden immer wieder dauerhafte Anker- und Stilliegeverbote diskutiert und Regelungen verschärft. Aktuell gilt temporär ein komplettes Stillliegeverbot auf der innerstädtischen Spree außerhalb genehmigter Liegeplätze. Auf den Nebenwasserstraßen und Seen ist das Stillliegen noch gestattet, jedoch nur, wenn eine permanente Wache an Bord sichergestellt ist. 

Das Wasserschifffahrtsamt, die Senatsverwaltung und die Wasserschutzpolizei haben sich alle dafür ausgesprochen, das Stillliegen auch auf den Seen zu verbieten. Das Bundesverkehrsministerium wollte soweit noch nicht gehen, will aber “schärfere Maßnahmen” verfolgen, wenn “die Maßnahmen nicht die beabsichtigte Wirkung zeigen”.

Es ist daher davon auszugehen, dass ein komplettes Stillliege- und Ankerverbot bis Spreekilometer 44 (Seddinsee) auf die aktuellen Regelungen folgen wird, wenn nicht vorher alternative Lösungen gefunden werden.

Erklärtes Ziel der Spree:publik ist es, das Wasser als öffentliches Gemeingut zu verteidigen. Deshalb möchten wir gegen die Einschränkung der Wassernutzung, die durch die neue Verordnung droht, vorgehen. Dauerhaftes Abstellen ungenutzter Boote und vernachlässigter Geisterschiffe betrachten wir allerdings als eine Form der Aneignung und Privatisierung des öffentlichen Gemeinguts, die wir nicht unterstützen wollen.

Vorschläge für konkrete Maßnahmen

Um eine zukünftige geordnete Nutzung der Spree-Oder-Wasserstraße im Interesse aller Beteiligten sicherzustellen, schlagen wir Maßnahmen vor, die milder sind als generelle Stillliegeverbote, gleichzeitig aber auch überprüfbar und durchsetzbarer als die aktuellen Regelungen wären.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen gliedern sich dabei in drei Hauptgruppen:

  1. Erstens muss die Durchsetzung bestehenden aber auch zukünftigen Rechts durch die Behörden gewährleistet werden, um eine Spirale von Nachschärfungen zu vermeiden.
  2. Zweitens bedarf es neuer Regelungen, die auf die tatsächlichen Missstände zielen, sowie gleichzeitig leicht einhaltbar und überprüfbar sind.
  3. Drittens müssen die innerstädtischen Wasserflächen in die städtischen Strukturen eingebunden werden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass hier Menschen dauerhaft leben.

Maßnahmen zur Durchsetzung geltenden Rechts:

  1. Abtreibende oder sinkende Boote, sowie Boote, die Betriebsmittel oder Gegenstände verlieren, müssen konsequent abgeschleppt und gesichert werden. Das Versetzen darf dabei nur an eine sichere Liegestelle, also einen Bauhof, eine Polizeiwache oder einen sonstigen Hafen, erfolgen.
    Ein unbewachter Ankerplatz oder eine unzugängliche Spundwand, wie auf dem Rummelsburger See, kann dabei nicht als sichere Liegestelle gelten.
  2. Wie auch bei PKWs bedarf es zum Abschleppen eine Infrastruktur (Schleppboot, Kran, Lagerplatz) und eine anschließende Herausgabe des Fahrzeugs nach Übernahme der Kosten durch den/die Halter*in. Es können auch private Firmen beauftragt werden.
  3. Wie auch bei PKWs muss die Einhaltung der Kennzeichnungspflicht (sowohl unter als auch über 3PS) überprüft und bei Nichteinhaltung das Boot festgesetzt werden.
  4. Zur Überprüfung der Einhaltung von Ankerwachen sollen von den Behörden im Verdachtsfall Zettel mit der Aufforderung zur telefonischen oder persönlichen Meldung bei der Polizeiwache angebracht werden.
    (analog zu vergleichbaren Aufforderungen an Fahrrädern, Rollern, etc.)

Vorschläge für neue Regelungen (für Boote ab 1m³ Verdrängung):

  1. Wie auch bei PKW: Obligatorische Haftpflichtversicherung (mit “Übernahme von Bergekosten auf behördliche Anweisung”).
  2. Wie auch bei PKW: Pflicht, bestimmte Ausrüstungsgegenstände mitzuführen.
    (Deckeln auf eine Liste, die sowohl Schlauchboote als auch Yachten erfüllen können. Z.B.: Ösfass/Pütz, Rettungsweste/Rettungsring/Rettungsboje, Bootshaken, Notfallpfeife/Horn)
  3. Pflicht zum regelmäßigen Versetzen des Bootes.
  4. Möglichkeit der Kenntlichmachung einer aufsichtsführenden Person durch einen sichtbaren Aushang mit Name und Telefonnummer am Boot.
    (auch als Vertretung des/der Eigentümer*in; minimiert Erreichbarkeitsprobleme in Notfällen und bei Ordnungswidrigkeiten)

Schaffung neuer Strukturen:

  1. Durch Bauprojekte und behördliche Einschränkungen sind in den letzten Jahren zahlreiche legale Liegemöglichkeiten entlang der Spree weggefallen. Es müssen daher neue genehmigte Liegestellen geschaffen werden. Entweder als öffentliche Liegestellen oder in Form von genehmigten Mooring-Bojen und Dalben.
  2. Zu einem effektiven Konzept der Gewässerreinhaltung gehört auch, das Entsorgen von Bootsabfällen zu erleichtern, bzw. überhaupt zu ermöglichen. Es braucht daher mehr öffentliche Annahmestellen für Bootsabfälle und Möglichkeiten zum Abpumpen von Abwassertanks.
  3. Verdrängungsprozesse zugunsten der Bauprojekte an der Rummelsburger Bucht wie zum Beispiel die Räumung des Obdachlosencamps 2021 und die allgemein in der Stadt zunehmende Wohnungsnot äußern sich auch in der Rummelsburger Bucht in Form von Obdachlosigkeit und zunehmender Präsenz von Suchtproblemen.

Wir fordern im Zusammenhang mit den städtebaulichen Entwicklungen an den Ufern ein integriertes soziales Angebot und Suchtberatung insbesondere für Menschen, die sich dauerhaft auf dem Wasser aufhalten.

Stand: März 2025

Kontakt: presse@spreepublik.org

Bootscommunity wehrt sich gegen Verdrängung

Demo gegen Ankerverbot (Bild: Per Jakob Blut)

Die seit dem 01. Juni geltende neue Bundesverordnung auf der Spree-Oder-Wasserstraße (auch bekannt als „Ankerverbot“) soll laut dem Verkehrsministerium den ruhenden Schiffsverkehr auf der Spree besser ordnen. Stattdessen verdrängt sie unterschiedslos alle Wassernutzenden, vom Touristen bis zum Bootsbewohner, so der Verband Spree:publik. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass die Verordnung ihr eigentliches Ziel nicht erreichen wird.

Seit diesem Sommer darf außerhalb fester Liegeplätze nicht mehr auf der innerstädtischen Spree geankert oder am Ufer festgemacht werden. Ausgenommen sind die Seen im Osten der Stadt, hier muss sich jedoch permanent eine Wache an Bord befinden.

Verordnung trifft die Falschen und ist nicht umsetzbar

Laut einer Antwort der Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr befinden sich allein auf dem Rummelsburger See aktuell 243 ankernde Boote. Zu viele, um an der einzigen öffentlichen Liegestelle zwischen Stadtmitte und Köpenick, am Treptower Park, festzumachen. Auch Hafenplätze sind rar und teuer, weshalb viele Bootsbesitzer*innen nun dazu übergegangen sind, Ankerverbände zu gründen, um eine Wache sicherzustellen. Trotzdem sind laut der Wasserschutzpolizei Ost immer noch ca. 70% der Boote bei Kontrollen unbemannt. Von den daraus zu erwartenden 170 Ordnungswidrigkeitsverfahren sind bislang jedoch nur 29 eingeleitet worden.

“Die Zahlen zeigen eindeutig, dass die Behörden nicht in der Lage sind, die neue Verordnung umzusetzen. Im Gegenteil – hier werden neue Probleme geschaffen, weil auch solche Menschen, die bislang korrekt geankert haben, nun kriminalisiert und verdrängt werden.”, sagt Arik Rohloff von der Spree:publik.

Tatsächlich scheint auch das Bundesverkehrsministerium selbst nicht überzeugt davon zu sein, dass die Verordnung problemlos umzusetzen ist. Am 10. September 2024 antwortete das BMDV auf eine Anfrage der Spree:publik vom 21. Mai, dass der Zweck der Verordnung sei, Ansprechpartner*innen für den schifffahrtspolizeilichen Vollzug zu haben. In den Absprachen zwischen den Behörden schätzt man die neuen Regeln jedoch nur als “bedingt zu kontrollieren” ein (s. Anfrage via fragdenstaat.de).

Demo und Petition gegen Verdrängung

Am 15. September zog ein Bootskorso mit etwa 30 Schiffen vom Rummelsburger See Richtung Innenstadt, um gegen die Verdrängung von Subkultur auf dem Wasser zu demonstrieren. Dabei ist nicht nur die private Wassernutzung gemeint, sondern auch kulturelle Veranstaltungen, wie sie die Spree:publik seit Jahren anbietet.

“Früher konnten wir rausfahren, den Anker werfen und auch Menschen, die sich sowas sonst nicht leisten konnten, einen gratis Kinoabend auf dem Wasser bieten. Das geht jetzt nicht mehr”, sagt Max Bayer von der Spree:publik.

Die Demonstration ist dabei jedoch nur ein Baustein, mit dem man gegen die Verordnung vorgehen will. Parallel sammelt der Verein Spree:publik e.V. gerade Unterschriften gegen die Verordnung und will sich so Gehör bei den Verantwortlichen in Politik und Behörden verschaffen. Die Übergabe der Unterschriften ist für Donnerstag, 26. September geplant.

Keine Beteiligung durch die Politik – Forderung von Mitspracherecht

Entgegen vorheriger Zusagen wurden bei der Entwicklung der Verordnung keine örtlichen Verbände oder Initiativen miteinbezogen. Die Spree:publik fordert daher nun erneut ein Mitspracherecht für die Betroffenen und bringt auch bereits eigene Ideen mit. Konzepte wie Ankerlizenen oder ein Parksystem wie in London oder Amsterdam, kombiniert mit verpflichtenden Versicherungen, wären denkbar.

Einen Vorschlag hatte auch das Verkehrsministerium selbst eingebracht: Man könnte die Boote einfach verpflichten, Kontaktdaten von Ansprechpartner*innen an die Behörden zu übermitteln. Dies erschien dem Wasserschifffahrtsamt Spree-Havel in der Umsetzung jedoch zu komplex und es bestand auf einer Einschränkung aller Wassernutzenden.

Clean-Up am 28. September 2024

Trotz der angespannten Lage will man sich bei der Spree:publik aber nicht vom eigentlichen Engagement auf dem Wasser abhalten lassen. Am 28. September sind wieder alle auf und am Wasser eingeladen, gemeinsam mit der Spree:publik und dem NABU das Gewässer und Ufer von Unrat zu befreien. Treffpunkt ist um 14:00 Uhr der ehemalige öffentliche Anleger am Bolleufer in Lichtenberg.