Bootscommunity wehrt sich gegen Verdrängung

Demo gegen Ankerverbot (Bild: Per Jakob Blut)

Die seit dem 01. Juni geltende neue Bundesverordnung auf der Spree-Oder-Wasserstraße (auch bekannt als „Ankerverbot“) soll laut dem Verkehrsministerium den ruhenden Schiffsverkehr auf der Spree besser ordnen. Stattdessen verdrängt sie unterschiedslos alle Wassernutzenden, vom Touristen bis zum Bootsbewohner, so der Verband Spree:publik. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass die Verordnung ihr eigentliches Ziel nicht erreichen wird.

Seit diesem Sommer darf außerhalb fester Liegeplätze nicht mehr auf der innerstädtischen Spree geankert oder am Ufer festgemacht werden. Ausgenommen sind die Seen im Osten der Stadt, hier muss sich jedoch permanent eine Wache an Bord befinden.

Verordnung trifft die Falschen und ist nicht umsetzbar

Laut einer Antwort der Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr befinden sich allein auf dem Rummelsburger See aktuell 243 ankernde Boote. Zu viele, um an der einzigen öffentlichen Liegestelle zwischen Stadtmitte und Köpenick, am Treptower Park, festzumachen. Auch Hafenplätze sind rar und teuer, weshalb viele Bootsbesitzer*innen nun dazu übergegangen sind, Ankerverbände zu gründen, um eine Wache sicherzustellen. Trotzdem sind laut der Wasserschutzpolizei Ost immer noch ca. 70% der Boote bei Kontrollen unbemannt. Von den daraus zu erwartenden 170 Ordnungswidrigkeitsverfahren sind bislang jedoch nur 29 eingeleitet worden.

“Die Zahlen zeigen eindeutig, dass die Behörden nicht in der Lage sind, die neue Verordnung umzusetzen. Im Gegenteil – hier werden neue Probleme geschaffen, weil auch solche Menschen, die bislang korrekt geankert haben, nun kriminalisiert und verdrängt werden.”, sagt Arik Rohloff von der Spree:publik.

Tatsächlich scheint auch das Bundesverkehrsministerium selbst nicht überzeugt davon zu sein, dass die Verordnung problemlos umzusetzen ist. Am 10. September 2024 antwortete das BMDV auf eine Anfrage der Spree:publik vom 21. Mai, dass der Zweck der Verordnung sei, Ansprechpartner*innen für den schifffahrtspolizeilichen Vollzug zu haben. In den Absprachen zwischen den Behörden schätzt man die neuen Regeln jedoch nur als “bedingt zu kontrollieren” ein (s. Anfrage via fragdenstaat.de).

Demo und Petition gegen Verdrängung

Am 15. September zog ein Bootskorso mit etwa 30 Schiffen vom Rummelsburger See Richtung Innenstadt, um gegen die Verdrängung von Subkultur auf dem Wasser zu demonstrieren. Dabei ist nicht nur die private Wassernutzung gemeint, sondern auch kulturelle Veranstaltungen, wie sie die Spree:publik seit Jahren anbietet.

“Früher konnten wir rausfahren, den Anker werfen und auch Menschen, die sich sowas sonst nicht leisten konnten, einen gratis Kinoabend auf dem Wasser bieten. Das geht jetzt nicht mehr”, sagt Max Bayer von der Spree:publik.

Die Demonstration ist dabei jedoch nur ein Baustein, mit dem man gegen die Verordnung vorgehen will. Parallel sammelt der Verein Spree:publik e.V. gerade Unterschriften gegen die Verordnung und will sich so Gehör bei den Verantwortlichen in Politik und Behörden verschaffen. Die Übergabe der Unterschriften ist für Donnerstag, 26. September geplant.

Keine Beteiligung durch die Politik – Forderung von Mitspracherecht

Entgegen vorheriger Zusagen wurden bei der Entwicklung der Verordnung keine örtlichen Verbände oder Initiativen miteinbezogen. Die Spree:publik fordert daher nun erneut ein Mitspracherecht für die Betroffenen und bringt auch bereits eigene Ideen mit. Konzepte wie Ankerlizenen oder ein Parksystem wie in London oder Amsterdam, kombiniert mit verpflichtenden Versicherungen, wären denkbar.

Einen Vorschlag hatte auch das Verkehrsministerium selbst eingebracht: Man könnte die Boote einfach verpflichten, Kontaktdaten von Ansprechpartner*innen an die Behörden zu übermitteln. Dies erschien dem Wasserschifffahrtsamt Spree-Havel in der Umsetzung jedoch zu komplex und es bestand auf einer Einschränkung aller Wassernutzenden.

Clean-Up am 28. September 2024

Trotz der angespannten Lage will man sich bei der Spree:publik aber nicht vom eigentlichen Engagement auf dem Wasser abhalten lassen. Am 28. September sind wieder alle auf und am Wasser eingeladen, gemeinsam mit der Spree:publik und dem NABU das Gewässer und Ufer von Unrat zu befreien. Treffpunkt ist um 14:00 Uhr der ehemalige öffentliche Anleger am Bolleufer in Lichtenberg.