Robert Klages

Der Rummelsburger See ist nicht rund. Aber es gibt Runde Tische zum Thema, veranstaltet von der „Interessengemeinschaft Rummelsburger Bucht“ mit zehn Mitgliedern. Laut Eigenauskunft repräsentiert die IG „rund 342 Millionen Euro Grundstückserwerbs-, Planungs- und Investitionskosten“. Die Mitglieder sind überwiegend diejenigen, die an der Rummelsburger Bucht bauen wollen: Die Howoge zum Beispiel, Investa, Coral World. Sprecher der IG ist Ottfried Franke.

Ein Runder Tisch fand im November 2018 statt. Es wurde über Möglichkeiten und Kosten diskutiert, den See zu sanieren. Ein Vertreter der Wasserschutzpolizei (WSP) schilderte die Lage auf dem See. Aus dem Protokoll: „Die Beschwerdelage (bis zu 16 Anzeigen pro Nacht) und die Einsatzerfordernisse sind auf dem kleinen Rummelsburger See ähnlich hoch wie auf dem viel größeren Müggelsee. Die digitale Vernetzung der Nutzer auf dem See und ihr ‚Frühwarnsystem‘ vor der WSP sind ausgezeichnet organisiert. Boote dürfen 1 Tag lang in der Bucht still liegen. Mit jeder auch geringen Bewegung danach verlängert sich diese Frist. Eine Kontrolle solcher dauerhaften Ortsfestigkeit oder geringfügigen Bewegung ist der WSP nicht möglich (Beweislast). Dafür seien (fotografische) Nachweise und Anzeigen nötig. Auch Flüssiggasanlagen werden nicht prophylaktisch kontrolliert. Der WSP gelingt kaum oder gar nicht die Kontrolle der sog. ‚Schwimmseln‘, da die Nutzer dort sowohl die Kommunikation als auch das an-Bord-Gehen verweigern.“ Darüber hatten wir hier im Newsletter bereits berichtet. Canan Bayram, Grünen-Abgeordnete, empfiehlt, mehr finanzielle Mittel für die WSP im Haushalt 2020/21 bereitzustellen. „Eine Unterstützung des Vorschlags durch die jeweiligen Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus wäre wichtig.“

Die Teilnehmer*innen des Rundes Tisches verpflichten sich zur Verschwiegenheit, die Inhalte sind „vertraulich“. Der nächste Runde Tisch findet, erneut organisiert von der IG, am 19. November im Abgeordnetenhaus statt. Der CDU-Abgeordnete Danny Freymark ist Gastgeber. Von der IG nimmt beispielsweise Gabriele Thöne, Projektdirektorin Coral World, teil. Dazu Vertreter*innen der Senatsverwaltung für Umwelt, des Wasserstraßenamtes, der Wasserschutzpolizei, der Senatsverwaltung, der Bezirksämter … außerdem Cansel Kiziltepe, Abgeordnete der SPD, sowie Abgeordnete von Grünen und Linken. Es soll weiter über die Seesanierung gesprochen werden. Und der Frage nachgegangen werden: „Braucht Berlin ein Konzept für Wohnen auf dem Wasser?“ Pressevertreter*innen sind ausdrücklich nicht willkommen.

Außerdem auf der Tagesordnung: „Geordnete Zustände auf dem See, Aktivitäten-Check: Durchsetzen von Regeln, kapazitive Ausstattung der Polizei dafür und Zusammenarbeit mit Ordnungs-, Umwelt- und Naturschutzämtern.“ Eigentlich sollte der Runde Tisch unter der Einladung der Abgeordneten Canan Bayram erfolgen. Doch die Grünen-Politikerin hat wieder abgesagt. Denn sie findet es nicht gut, dass niemand aus den Hausbooten oder von „Spree:publik“ zu den Runden Tischen eingeladen wird. Die Spree:publik versteht sich als Förderkreis von Initiativen, Kollektiven, Vereinen und anderen Aktiven, die sich für die Demokratisierung der Wasser- und angrenzenden Uferflächen Berlins einsetzen.

„Der Dialog um die Zukunft sollte mit allen Betroffenen in der Rummelsburger Bucht erfolgen, d.h. nicht nur mit Behörden und Eigentümern“, sagt Bayram auf Nachfrage. „Daher halte ich es für wichtig, den Charakter der Diskussionsrunde zu klären, bevor ich daran teilnehme. Die Bucht darf kein Ort für Privilegierte und Kommerz werden, vielmehr müssen die Umweltbelange berücksichtigt und alle Menschen bei Planungen einbezogen werden.“

Auch Clara Herrmann, Bezirksstadträtin für Umwelt in Xhain, schlug IG-Sprecher Franke vor, einen Vertreter von Spree:publik einzuladen. In einer internen Mail lehnte Franke ab. Begründung: „Wir möchten das Veranstaltungsformat gegenüber dem Vorjahr nicht verändern und bitten Sie, diesen Verteiler zu respektieren.“ Weiter: „Selbstverständlich werden wir uns keinem Dialog verschließen.“ Franke bietet Gespräche mit Spree:publik an. Auch eine Teilnahme an einem Runden Tisch könne er sich vorstellen – wenn das Bezirksamt Xhain diesen organisieren würde beispielsweise. Herrmann setzt Claudius Schulze, Sprecher von Spree:publik in cc. Den kennen wir schon, er hat auch ein Atelier-Boot in der Bucht.

„Ihr runder Tisch ist nicht rund“, schreibt Schulze in dem E-Mail-Verteiler an Franke gerichtet. „Es drängt sich daher stark der Verdacht auf, dass es sich bei dem von Ihnen initiierten Runden Tisch einzig um eine Lobbyveranstaltung der Investoren des B-Plans Ostkreuz handelt, bei dem es nicht um die konstruktive Lösung bestehender Probleme geht, sondern Stimmung gegen andere Akteure und Nutzer*innen vor Ort gemacht werden soll. Statt Vertreter der Kulturflöße mit einzubeziehen, soll lieber über ‚Müllflöße‘ hergezogen werden.“

Diese Einflussnahme in Hinterzimmern findet Schulze skandalös. „Der Runde Tisch soll vermutlich nur den Interessen Ihrer Auftraggeber Padovicz et.al. dienen. Wir hoffen, dass sich Politiker (als Gastgeber wie Teilnehmer) und Behördenmitarbeiter als Vertreter der Öffentlichkeit von Ihnen nicht für solch ein Unterfangen vor den Karren spannen lassen.“ Franke antwortet, er und Schulze würden sich Donnerstag treffen, um „sich mal in die Köpfe zu gucken“. Die Runden Tische nennt Franke nun nur noch „Fachworkshops“, von denen keinerlei Entscheidungen ausgingen. „Sie bereichern aber Willensbildung und Entscheidungsfindungen. Das ist der Sinn.“

https://leute.tagesspiegel.de/lichtenberg/macher/2019/10/28/100169/ihr-runder-tisch-ist-nicht-rund-treffen-im-abgeordnetenhaus-mit-investoren-aber-ohne-flossbewohnerinnen/

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